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Größte Hürde bei Unternehmensnachfolgen: Potentielle Nachfolger:innen fehlen

16. Mai 2024

Viele Führungskräfte stellen sich auf irgendeiner Stufe der Karriereleiter einmal die Frage, ob sie nicht selbst zum Unternehmer/ zur Unternehmerin werden sollten. Diesen Schritt zu gehen, wagen jedoch nur wenige. Dabei bietet er auf der Suche nach Veränderung, Purpose und Kreativität eine vielversprechende Alternative zur Karriere im Anstellungsverhältnis. Hier braucht es nicht immer eine neue oder innovative Idee: In Deutschland stehen in den nächsten vier Jahren knapp 200.000 Nachfolgen an – Unternehmen die bereits in ihrem Markt oder in ihrer Nische positioniert sind, der „Alteigentümer“ ausscheidet und extern eine Nachfolge sucht. Warum also nicht bei einem etablierten, mittelständischen Unternehmen einsteigen, anstelle der in der Regel mühsamen und oft erfolgslosen Ideensuche, um dann aus eigener Idee ein Unternehmen zu formen?

Claudia Jorde, Partnerin der Norecu Executive Search GmbH, legt in ihren Beratungen ihren Fokus auf die Besetzung von Geschäftsführungsmandaten und deren Direct Reports sowie auf Nachfolgeregelungen mit Beteiligungsoption. Im Folgenden geht sie auf die Chancen für Führungskräfte ein, die sich aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung immer häufiger bieten.

Leadershipkompetenz, fachliches Know-how und ein belastbares Netzwerk sind die Eigenschaften, die Führungskräfte häufig mitbringen. Auch Erfolge in Expansion und Internationalisierung sowie die Erfahrung, ein Unternehmen durch Krisen und schwierige Zeiten zu manövrieren, können immer mehr Manager:innen vorweisen. Zeitgleich stellen sie sich vermehrt die Sinnfrage und erleben ein Korsett, das das häufig propagierte Unternehmer-im-Unternehmen-Dasein doch nur eingeschränkt leben lässt, insbesondere mit Blick auf die Bewertung von Chancen und Risiken und nachgelagert auf strategische Fragestellungen. Genau in diesen Punkten muss dann häufig auf Verlangen „einfach“ umgesetzt und die eigenen Ideen – nicht selten auch Werte – beiseitegelegt werden.

Warum also nicht das Geld in die Hand nehmen und selbst zum Unternehmer/ zur Unternehmerin werden?
Claudia Jorde weiß, dass das Thema finanzielles Risiko und persönliche Situation die Punkte sind, die weitere Überlegungen in diese Richtung hemmen. Dementsprechend ist es wenig verwunderlich, dass die Übernahme einer Unternehmensnachfolge für Führungskräfte in der Regel erst dann zum Thema wird, wenn sich das eigene finanzielle Risiko privat reduziert hat, beispielsweise die Hausfinanzierung (weitestgehend) abgeschlossen ist, die Betreuung der Kinder geregelt ist oder sie bereits selbständig sind UND noch viel Energie vorhanden ist, den neuen Lebensabschnitt als Unternehmer:in zu beginnen. Gerade in dieser Dekade stellen sich viele Manager:innen Fragen nach dem nächsten Karriereschritt, den Möglichkeiten für persönliches Wachstum sowie nach einer Art „höchstem Ziel“, das dem beruflichen Werdegang „die Krone“ aufsetzen kann. Finanziert werden kann das Projekt „Übernahme“ nicht nur mit einem Bankkredit. Weitere hochattraktive Finanzierungsmodelle oder auch -mixe sind beispielsweise Earn-out, Verkäuferdarlehen, Leveraged-Buy-Outs oder auch eine attraktive Finanzierung durch Fördermittel. So kann man auch ohne Millionen auf dem Konto zum Unternehmer/ zur Unternehmerin werden.

Claudia Jorde spürt in den Gesprächen mit Ihren Mandant:innen, dass sich viele Führungskräfte mit Veränderungswunsch mit einigen Fragestellungen, wie die der Nachfolge gar nicht beschäftigen. Oft drehen sich die Veränderungswünsche wie fremdbestimmt vom CxO zum CEO oder vom BU-Manager in den Vorstand.

Nachfolgeregelungen – aktueller denn je 

Gemäß den aktuellen Schätzungen des Institut für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn stehen in Deutschland in den Jahren 2022 bis 2026 rund 190.000 Unternehmen zur Übergabe an, weil ihre Eigentümer:innen aus persönlichen Gründen aus der Geschäftsführung ausscheiden. Der seit Jahren zu beobachtende demografiebedingte Aufwärtstrend verstärkt sich damit weiter. Gut die Hälfte der Übergaben wird nicht familienintern realisiert werden. Im Rahmen des oft hoch emotionalen Prozesses der Nachfolge nimmt die Suche nach einer neuen Geschäftsführung eine der zentralen Rollen ein. Neben der Herausforderung eine/n geeignete/n Nachfolger:in zu finden, der/die es schafft, den erfolgreichen Kern des Traditionsunternehmens zu erhalten, sind auch spezielle Typen von Unternehmer:innen gefragt, die es in Zeiten globaler Unsicherheit durch schwierige und zum Teil unbekannte Gewässer steuern können.

Der scheidende Unternehmer hat die Wahl zwischen interner oder externer Unternehmensnachfolge: Findet sich intern niemand in der eigenen Familie, der/die die Übernahme nicht als Verpflichtung, sondern als Berufung sieht, muss extern gesucht werden. Die zentrale Herausforderung bei einer Übernahme durch einen externen Equity Investor ist eine passende Nachfolgeregelung im operativen Geschäft. Typisch für Familienunternehmen ist, dass die geschäftsführenden Inhaber:innen oft im Alltag die zentrale Rolle spielen. Findet sich im Unternehmen oder der Familie niemand, der die Managementverantwortung übernehmen könnte, gilt es die anspruchsvolle Suche nach einem neuen Management zu starten

Der/die neue CEO

Aktuell sind vor allem Leader gefragt, die in der Vergangenheit bereits bewiesen haben, dass sie Unternehmen durch Krisen und schwierige Zeiten manövrieren können – und idealerweise auch Expertise in Reorganisation oder Restrukturierung mitbringen. Aber auch Mut, Leidenschaft, die Freude an freien Gestaltungsmöglichkeiten in einem selbstdefinierbaren Rahmen, Freude an Verantwortung sowie ein klares Wertegerüst sind die Eigenschaften für eine/n erfolgreiche/n Unternehmer:in.

Claudia Jorde von der Personalberatung Norecu erklärt: „Eigentümer:innen haben häufig die Sorge, dass das Umsetzen notwendiger Veränderungen durch eine/n externe/n Nachfolger:in ein Weg von wertorientierter Unternehmensführung hin zu einer reinen Performanceorientierung ohne Wertegerüst bedeutet. Doch mit dem richtigen Typ von Manager:in muss das kein Widerspruch sein. Heute liegt der Fokus meist darauf, Führungskräfte zu finden, die Unternehmergeist mitbringen, die Fähigkeit besitzen, alteingesessene Unternehmen in die Zukunft zu überführen, ohne das emotionale Erbe der scheidenden Inhaber außer Acht zu lassen.“

Das Motto lautet: „Raus aus typischen Denkmustern was die eigene Karriere angeht und Mut zum Unternehmertum!“ Es gilt also keine falsche Zurückhaltung an den Tag zu legen, sondern die Besetzung einer Nachfolge – mit oder ohne Beteiligungsoption – bei Veränderungswunsch in Betracht zu ziehen und aktiv Gespräche dafür zu suchen.